Der unter anderem für das Kaufrecht zuständige
VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hatte über die Frage zu entscheiden,
ob und unter welchen Voraussetzungen Agenturgeschäfte im Gebrauchtwagenhandel
mit Verbrauchern als unzulässige Umgehung der Bestimmungen über
den Verbrauchsgüterkauf (§ 475 Abs. 1 BGB) anzusehen sind.
Der Kläger erwarb am 28. Oktober 2002 in den Geschäftsräumen
des beklagten Gebrauchtwagenhändlers einen dort ausgestellten gebrauchten
Opel Astra Coupé zum Preis von 14.990 €. Der unter Verwendung
eines Vertragsformulars des Beklagten erstellte schriftliche Kaufvertrag
weist als Verkäufer unter Angabe der Anschrift den bisherigen Fahrzeugeigentümer
aus. Die Sachmängelhaftung ist nach dem Vertragstext ausgeschlossen.
Der Kläger leistete auf den Kaufpreis eine Anzahlung. Der auf Vermittlung
des Beklagten durch eine Bank finanzierte Restkaufpreis in Höhe von
14.000 € wurde, wie im Darlehensvertrag vereinbart, an den Beklagten
ausgezahlt. Wenige Wochen nach Übergabe des Fahrzeugs rügte der
Kläger gegenüber dem Beklagten Fahrzeugmängel. Der Beklagte
lehnte eine Nachbesserung unter Hinweis darauf ab, daß er nicht der
Verkäufer des Fahrzeugs sei, sondern den Kauf nur vermittelt habe.
Der Kläger erklärte daraufhin gegenüber dem Beklagten den
Rücktritt vom Kaufvertrag. Mit der Klage hat er die Freistellung von
der Darlehensverbindlichkeit gegenüber der Bank sowie Ersatz verauslagter
Vertrags- und Finanzierungskosten verlangt. Er hält den Beklagten für
den Verkäufer des Fahrzeugs, weil dieser ihn nicht auf eine bloße
Vermittlungstätigkeit hingewiesen habe. Er ist ferner der Auffassung,
das Agenturgeschäft sei ein Umgehungsgeschäft im Sinne des §
475 Abs. 1 BGB, weil es dem Beklagten nur darum gegangen sei, Gewährleistungsrechte
auszuschließen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers
hatte keinen Erfolg. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision
verfolgt er das Klagebegehren weiter.
Der Bundesgerichtshof hat die Revision des Klägers zurückgewiesen.
Er teilt die Auffassung des Berufungsgerichts, daß der beklagte Kraftfahrzeughändler
nicht der Verkäufer des Fahrzeugs ist und sich auch nicht gemäß
§ 475 Abs. 1 Satz 2 BGB so behandeln lassen muß, als hätte
er selbst das Fahrzeug an den Kläger verkauft.
Nach dem Inhalt des schriftlichen Kaufvertrages hat der Kläger das
Fahrzeug nicht von dem Beklagten, sondern von dem Voreigentümer gekauft.
In Anbetracht des auch für den Kläger eindeutigen und von ihm
selbst ursprünglich so gesehenen Vertragsinhalts kam den Begleitumständen,
aus denen der Kläger nachträglich ein Eigengeschäft des Beklagten
herleiten will, keine entscheidende Bedeutung mehr zu. Unerheblich ist insbesondere,
ob der Kläger bei den Vertragsverhandlungen darauf hingewiesen worden
ist, daß der Beklagte den Fahrzeugverkauf nur vermittle. Denn ein
ausreichender Hinweis darauf ist unter den gegebenen Umständen jedenfalls
darin zu sehen, daß die von dem Mitarbeiter des Beklagten handschriftlich
ergänzte und dem Kläger sodann zur Unterschrift vorgelegte Vertragsurkunde
nicht den Beklagten, sondern den Voreigentümer als Verkäufer des
Fahrzeugs bezeichnet. Unerheblich ist auch, daß der Beklagte nach
eigenen Angaben die auf seinem Betriebsgelände ausgestellten Fahrzeuge
so präsentierte, daß für die Kunden nicht erkennbar war,
ob er als Verkäufer oder nur als Vermittler in Erscheinung treten wollte.
Gewerbliche Agenturverträge über den Verkauf von beweglichen Sachen
Privater an Verbraucher können auch nicht generell als Umgehungsgeschäfte
im Sinne des § 475 Abs. 1 Satz 2 BGB angesehen werden. Agenturgeschäfte,
insbesondere im Gebrauchtwagenhandel, sind eine seit langem bekannte Erscheinung.
Vor Einführung der Differenzbesteuerung (§ 25a UStG) im Jahre
1990 wurden sie vom gewerblichen Gebrauchtwagenhandel als Gestaltungsmittel
genutzt, um beim Verkauf von Gebrauchtfahrzeugen den Anfall der Umsatzsteuer
zu vermeiden. In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind sie als
legitimes Mittel zur Erreichung dieses Zwecks anerkannt worden.
Auch in der Diskussion um die Neufassung des Kaufrechts im Zuge der Schuldrechtsmodernisierung
ist für den Gebrauchtwagenhandel auf das Agenturgeschäft und die
Gefahr einer Umgehung des angestrebten verstärkten Verbraucherschutzes
hingewiesen worden. Der in diesem Zusammenhang erhobenen Forderung, die
Möglichkeit einer Umgehung der strengen Bestimmungen des Verbrauchsgüterkaufs
durch ein Ausweichen auf Agenturgeschäfte von vornherein zu verhindern,
ist der Gesetzgeber nicht gefolgt. Das läßt nur den Schluß
zu, daß Agenturgeschäfte auch im Bereich des gewerblichen Handels
mit gebrauchten Sachen Privater jedenfalls nicht generell als Umgehungsgeschäfte
im Sinne des § 475 Abs. 1 Satz 2 BGB angesehen werden können.
Im Einzelfall kann jedoch eine Umgehung des für den Verbrauchsgüterkauf
bezweckten Verbraucherschutzes anzunehmen sein, wenn das Agenturgeschäft
mißbräuchlich dazu eingesetzt wird, ein in Wahrheit vorliegendes
Eigengeschäft des Unternehmers zu verschleiern. Dafür ist entscheidend,
wie bei wirtschaftlicher Betrachtung die Chancen und Risiken des Gebrauchtwagenverkaufs
zwischen dem bisherigen Eigentümer des Fahrzeugs und dem Fahrzeughändler
verteilt sind. Hat etwa der Händler ein Gebrauchtfahrzeug, das er "im
Kundenauftrag" weiterveräußert, dergestalt in Zahlung genommen,
daß er dem Eigentümer des Fahrzeugs einen bestimmten Mindestverkaufspreis
für das Altfahrzeug garantiert und ihm beim Kauf eines Neuwagens den
entsprechenden Teil des Kaufpreises für das Neufahrzeug gestundet hat,
so ist bei der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise von einem Ankauf
des Altfahrzeugs durch den Händler auszugehen mit der Folge, daß
er beim Weiterverkauf des Gebrauchtwagens als dessen Verkäufer anzusehen
ist und das gleichwohl gewählte Agenturgeschäft nach § 475
Abs. 1 Satz 2 BGB keine Anerkennung finden kann. Hat dagegen der Neuwagenkäufer
das Risiko des Weiterverkaufs seines bisherigen Fahrzeugs zu tragen, so
ist das Agenturgeschäft auch bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise
zu akzeptieren; ein Umgehungstatbestand ist dann nicht anzunehmen.
Bei Zugrundelegung dieser Kriterien war die Entscheidung des Berufungsgerichts
nicht zu beanstanden. Der Beklagte hatte nach der mit dem Voreigentümer
getroffenen Absprache nicht für einen bei dem Weiterverkauf zu erzielenden
Mindestpreis einzustehen und hätte diesen nur nach Rücksprache
mit dem Voreigentümer unterschreiten dürfen. Das wirtschaftliche
Risiko des Verkaufs lag daher bei dem Voreigentümer.
Urteil vom 26. Januar 2005 – VIII ZR 175/04
LG Rottweil - 3 O 387/03 ./. OLG Stuttgart - 3 U 12/04